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prodomoLoft Flachgasse + MBG

Ein Rückblick


Schon während seiner Studienzeit beteiligte sich Peter Teichgräber ab 1966 am Stilmöbel-Importunternehmen von Georg Pizl. Sein Interesse galt aber den modernen, vorwiegend italienischen Designmöbeln. 1969 begann er den Import von Markenmöbeln, wie z. B. Zanotta, Stilnovo, Bilumen und Bieffeplast.

1973 gründete Peter Teichgräber seine eigene Firma, prodomo, und übernahm Exklusivvertretungen u. a. von Fantoni, Unifor, Artemide und BBB Bonacina. Der erste Firmenstandort war in der Königseggasse 5, 1060 Wien. 1974 folgte gemeinsam mit Hartmann Henn die Gründung des Einrichtungsstudios HENN in der Wiener Innenstadt, Naglergasse 29.

1981 eröffnete prodomo in einem Fabriksgebäude der Jahrhundertwende seinen neuen Standort in der Flachgasse 35-37, 1150 Wien. Nach der Adaptierung des Industriebaus durch Architekt Matthäus Jiszda zählt das Gebäude zu einem der ersten Beispiele für eine perfekte Loftarchitektur in Wien, erhielt internationale Anerkennung und steht seit 2006 unter Denkmalschutz. Der Entwurf zur Fassadengestaltung der Feuermauer stammt von Heinz W. Lindinger. Regelmäßig fanden bei prodomo Aktivitäten mit internationalen Künstlern und Designern statt, insbesondere 16 Ausstellungen zwischen 1985 und 1994, die jeweils von Loys Egg kuratiert wurden.

Vielen Designliebhabern sind auch noch die legendären prodomoWeihnachtsmärkte in bester Erinnerung, die 23 Jahre lang im eigenen Haus in der Flachgasse sowie später noch drei Mal im MuseumsQuartier veranstaltet wurden. Seit 2007 führt das Museumsquartier unser Konzept unter dem neuen Titel WeihnachtsQuartier fort.

Ab 1986 folgte die Erweiterung des Unternehmens auf einen weiteren Standort in 1120 Wien, ebenfalls ein Industriebau aus der Jahrhundertwende. 2004 wurde das Loft in der Flachgasse, 1150 Wien verkauft und das Unternehmen erhielt die neue Firmenbezeichnung prodomoWien. Das Loft in der Michael-Bernhard-Gasse 12-14 avancierte zum neuen Stammhaus und wurde 2004 – wieder von Architekt Matthäus Jiszda – zeitgemäß adaptiert. Nach dem Tod von Hartmann Henn übernahm Peter Teichgräber 2006 die alleinige Geschäftsführung der Firma HENN. Das Unternehmen firmiert seitdem unter dem Namen prodomoWindows und wird als Einheit mit prodomoWien fortgeführt.

Die angefügten Archivfotos vermitteln einen Eindruck vom prodomoLoft in der Flachgasse. Im Anschluss finden Sie Gegenwartsaufnahmen von unserem aktuellen Loft in der Michael-Bernhard-Gasse (= MBG).

Nun folgt ein Text vom Architekten und Autor Otto Kapfinger über die Ausstellungsreihe im Loft von prodomoWien zwischen 1985 und 1994 (rückblickend im Jahr 2014 verfasst):


PRODOMOS DOMESTIC LANDSCAPE IN WIEN

In den 1970er und 80er Jahren blieb in der europäischen Avantgarde des Möbel- und Interieurdesigns kein Stein auf dem anderen. Mehr noch und viel breitenwirksamer als in der Architektur wurden da die Doktrinen des klassischen Funktionalismus und der "Guten Form" in Theorie und Praxis auf den Kopf gestellt. Von Italien und der dort mit führenden Firmen vernetzten Designszene ausgehend entwickelte sich eine virulente, internationale Alternativ-Szene, die TheoretikerInnen, DesignerInnen, KünstlerInnen, ProduzentInnen vielfältig stimulierte und vorstieß in allgemeine Fragen von Lebensstilen, von alltäglichen Verhaltensmustern, von Werk- und Identitätskonzepten.

Obwohl auch in Wien für solche dynamische Verwerfungen der Metiers beste konzeptionelle und personelle Voraussetzungen gegeben waren, erreichte die Ära des „Radical Design“ oder der "Postmodernität" (als kultureller Zustand zu verstehen, nicht als "Stil") hier keine breiter wirksame Resonanz und hatte vor allem auch kein öffentliches oder institutionelles Forum, das solchen Entwicklungen adäquate Plattform und Raum geboten hätte!

Als einzige einschlägig relevante Ereignisse sind aus dieser Zeit in Österreich, in Wien nur die beiden großartigen Ausstellungen von Robert M. Stieg und Herbert Hammerschmied im Künstlerhaus in Erinnerung und vor allem "Forum Design" 1980 in Linz. Die legendäre "Rastlos"-Aktion 1982 von EichingeroderKnechtl im burgenländischen Müllendorf war innerhalb der europäischen Szene ein wichtiges Ereignis, blieb damals lokal aber ohne jedes Echo.

Kontinuierlich und privat(!)betriebene Schaufenster und Diskussionsforen für diese neue Avantgarde boten in Wien neben Katarina Noevers Section-N nur die ab 1980 von prodomo in der Flachgasse ausgerichteten Präsentationen – und da vor allem die einzigartige Serie der von Peter Teichgräber mit Loys Egg kuratierten neunzehn Werkschauen 1985-1994, begleitet von grandiosen Eröffnungs-Events und nachhaltig gestalteten, großformatigen Katalogen.

Diese Reihe begann 1985 punktgenau mit Alessandro Mendini, – damals auf dem internationalen Höhepunkt seiner Wirkung als Theoretiker und Praktiker und mit einer Lehrverpflichtung an der Hochschule für angewandte Kunst auch in Wien präsent, – setzte folgerichtig fort mit einer großen Rauminstallation von Heinz Frank, und zog den Bogen weiter über Jürgen Claus, Mario Terzic, Stiletto, Jasper Morrison, Massimo Iosa Ghini, Andreas Brandolini, Milan Knizak, Pentagon, Helmut Palla, Paul Etienne Lincoln bis zu Peter Weibel, der – retrospektiv gesehen – eine für sein eigenes Oeuvre aber auch für die umfassende Design-Thematik exzeptionelle, nach wie vor interessante Intervention als "Schlußpunkt" gestaltete.

In dieser Reihe zeigt sich einerseits eine gut temperierte Balance zwischen auswärtigen und lokalen Beiträgen. Andererseits wurden die Lofts in der Flachgasse immer für spezifische, kongruente Rauminstallationen genützt, die über das bloße Vorzeigen von Einzelprodukten weit hinauswiesen.

Ein Höhepunkt der Serie war 1989/90 die erneute Zusammenführung der "Rastlos-Exponenten", darunter etliche inzwischen "arriviert". Es war nicht nur eine Werkschau, ergänzt vom wichtigen Reprint des originalen "Rastlos-Kataloges", sondern die internationale Gruppe agierte unter der Ägide von EichingeroderKnechtl als Think-Tank für ein in den Wiener Stadtraum gezieltes, ganz konkretes Projekt: die Neugestaltung des öffentlichen Raumes rund um Esterhazypark und Flakturm in Wien/Mariahilf – ein interdisziplinäres Projekt, das leider ohne direkte Wirkung blieb, doch in all seinen wohldurchdachten Facetten im Vergleich zu den jüngsten Konzepten für die Mariahilferstraße aufzeigt, welche Fragestellungen, welche Ideen und Standards bei entsprechend qualifizierter, unkonventioneller Weichenstellung hier erreicht werden könnten – und müssten!

Allein eine Gegenüberstellung dieses Projektes mit dem, was dann später um den Esterhazypark und am Flakturm als Gestaltung kam und jetzt viel umfangreicher für die "Mahü" projektiert ist, rechtfertigte schon eine akute Retrospektive auf diese prodomo-Initiativen – als vergleichendes Korrektiv gedanklicher und gestalterischer Maßstäbe. Darüber hinaus böte so ein Rückblick die Chance, ein wichtiges, eigentlich das einzig relevante Kapitel der Wiener Design-Stadtgeschichte in dieser Ära als Impuls und Reizpunkt in Erinnerung zu rufen und für die inzwischen vollkommen affirmativen und disparaten, doch nicht unrasanten Wachstums–aktivitäten des "neuen Wien" als ein Gegen- und Reizbild zu dokumentieren.

Otto Kapfinger, 2014


© copyright prodomoWien/Hersteller, Autor: Werner Backhausen