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Czech-Sessel

Czech-Sessel

Im Zuge seiner Projekte ist es vereinzelt vorgekommen, dass Hermann Czech auch Möbel entworfen hat. Im Jahr 1991 wurde er einmal konkret von Richard Thonet und Eva-Maria Schmerzing-Thonet (die damaligen Eigentümer von Gebrüder Thonet Vienna) darauf angesprochen, einen Sessel für die Thonet-Kollektion zu entwerfen. Das gemeinsam definierte Ziel war, einen Sessel in der bewährten Bugholztechnik zu entwickeln, der aber der heutigen Zeit entspricht und - Zitat Hermann Czech - eine "lässigere Sitzhaltung" erlaubt.

Ausgangspunkt aus der Thonet-Kollektion war der in öffentlichen Bereichen tausendfach eingesetzte "no-name"-Holzsessel mit der breiten, gebogenen Rückenlehne. Dieser Sessel wurde in Skizzen, Zeichnungen und Modellen schrittweise überarbeitet; für die endgültige Form gab es ein Modell im Maßstab 1:5 (Mitarbeit und Modellbau: Tilman Wetter), das auch der Umsetzung im Thonet-Werk Friedberg zugrunde lag.

Seit 1991 arbeitete das Atelier Czech zeitgleich an der Umbauplanung für das "MAK-Café" im Österreichischen Museum für angewandte Kunst. Es war ein genau passendes Objekt, um diesen Sessel erstmals einzusetzen. Für dieses Projekt wurde der Sessel in einem kleinen Detail modifiziert: Die unteren ca. 20 cm der Füße wurden nicht weiß lackiert, sondern mit Klarlack versehen und er war/ist dadurch in puncto Abnutzungserscheinungen weniger empfindlich. Abgeleitet hat Czech diese Idee von Stühlen Otto Wagners, der vielfach robuste Metallschuhe aus dem gleichen Grund verwendete.

Der Sessel ging 1993, also im gleichen Jahr der Eröffnung des MAK-Café, bei Thonet Vienna in Serie und wurde - mit und ohne Armlehne - auf Anhieb vom Wiener Publikum mit Begeisterung angenommen. Gerade das Detail der in Buche/natur belassenen Bein-Enden gibt diesem Modell seinen unverwechselbaren Charakter. Obwohl das MAK-Café & Restaurant heute von einer anderen Inneneinrichtung geprägt wird, ist der Sessel keineswegs in Vergessenheit geraten. Viel mehr noch: die gelungene Neuinterpreation eines Bugholzmöbels mit Thonet-DNA avancierte zum "Liebkind der Wiener" und vieler Menschen, die ihn in Wien kennenlernten. Heutzutage wird der Czech-Sessel im MAK in verschiedenen Freiräumen eingesetzt.

Während der letzten Jahre wechselte mehrmals der Eigentümer von Gebrüder Thonet Vienna. Die eigenen Thonet-Geschäfte in Österreich sind längst geschlossen worden. 2012 kaufte Franco Moschini das Traditionsunternehmen und entwickelt es seit dem auf erfrischende Weise weiter. Aufgrund der langjährigen Verbundenheit zu Architekt Hermann Czech entschloss sich prodomo schon vor längerer Zeit, inbesondere seinen Sessel in die Kollektion aufzunehmen, bekannter zu machen und gemeinsam mit Gebrüder Thonet Vienna ein Stück österreichische Möbel-Designgeschichte fortzusetzen. Seitdem kommt er auch vielfach in privaten Räumlichkeiten zum Einsatz.

© copyright prodomoWien/Hersteller, Autor: Werner Backhausen